The State of Open Data 2023

von | 14. Dezember 2023 | Blog, Literatur, Open Data

Der State of Open Data Report 2023 stellt die achte Ausgabe der bisher längsten laufenden Längsschnittstudie zu offenen Forschungsdaten dar. Basierend auf einer umfangreichen Umfrage unter über 6000 Forschenden weltweit, bietet der Bericht tiefgreifende Einblicke in die sich entwickelnden Einstellungen, Motivationen und Herausforderungen in Bezug auf das Teilen von Forschungsdaten. Die Studie, eine Zusammenarbeit zwischen Figshare, Digital Science und Springer Nature, zeichnet ein detailliertes Bild der aktuellen Landschaft offener Daten in der Wissenschaft und identifiziert wichtige Trends und Handlungsfelder.

Haupterkenntnisse

Unterstützung erreicht nicht alle Bedürftigen

Ein alarmierendes Ergebnis der Studie ist, dass fast drei Viertel der Befragten angeben, noch nie Unterstützung bei der Planung, Verwaltung oder Freigabe von Forschungsdaten erhalten zu haben. Dies steht im krassen Gegensatz zu der Tatsache, dass über 50% der Befragten theoretisch Zugang zu spezialisierten Forschungsdatenmanagern in ihrem Forschungsumfeld haben. Stattdessen greifen die meisten auf informelle interne Quellen wie Kollegen oder Betreuer zurück. Nur 23% der Befragten gaben an, jemals Unterstützung beim Datenmanagement erhalten zu haben, wobei 61% dieser Unterstützung von informellen internen Quellen kam. Diese Diskrepanz zwischen verfügbarer und tatsächlich genutzter Unterstützung deutet auf ein signifikantes Problem in der Kommunikation und Zugänglichkeit von Datenmanagement-Ressourcen hin.

Unterschiedliche Ansätze sind nötig

Die Studie offenbart deutliche Variationen in den Antworten je nach Fachgebiet und geografischer Herkunft der Befragten. Diese Unterschiede unterstreichen die Notwendigkeit eines nuancierten, maßgeschneiderten Ansatzes für die Unterstützung des Forschungsdatenmanagements weltweit. Beispielsweise zeigen sich signifikante Unterschiede im Bewusstsein für Datenmanagementpläne zwischen verschiedenen Fachgebieten, ebenso wie unterschiedliche Motivationen für das Teilen von Daten. Auch zwischen Ländern gibt es erhebliche Abweichungen, etwa in der Unterstützung für nationale Mandate zur Offenlegung von Forschungsdaten. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass ein einheitlicher, globaler Ansatz nicht ausreicht, um den vielfältigen Bedürfnissen und Herausforderungen in verschiedenen Forschungskontexten gerecht zu werden.

Karrierestufe spielt keine große Rolle

Entgegen weit verbreiteter Annahmen zeigen die Ergebnisse der Studie, dass die Karrierestufe kein signifikanter Faktor für das Bewusstsein oder die Unterstützung von offenen Daten ist. Dies widerlegt die gängige Vorstellung, dass frühe Karriereforscher die primären Treiber des Wandels in diesem Bereich sind, während etablierte Wissenschaftler dem Fortschritt eher im Wege stehen. Stattdessen stehen Forscher aller Karrierestufen vor ähnlichen Herausforderungen, suchen ähnliche Belohnungen und zeigen ein vergleichbares Maß an Offenheit gegenüber dem Teilen von Daten. Diese Erkenntnis hat wichtige Implikationen für die Gestaltung von Initiativen und Schulungen zum Forschungsdatenmanagement, die alle Karrierestufen gleichermaßen einbeziehen sollten.

Mangelnde Anerkennung bleibt ein Problem

Wie schon in den sieben vorherigen Ausgaben des Reports beklagen die Forscher auch in diesem Jahr, dass sie nicht genügend Anerkennung für das offene Teilen ihrer Daten erhalten. Diese anhaltende Sorge zeigt, dass trotz zunehmender Bemühungen um offene Wissenschaft die Anreizsysteme in der Forschung noch nicht ausreichend angepasst wurden. Die Befragten geben konsistent an, dass Zitierungen ihrer Forschungsarbeiten oder Datensätze sie am meisten motivieren würden, ihre Daten zu teilen. Allerdings fehlt es oft an klaren Mechanismen, um solche Daten-Zitierungen in karriererelevante Anerkennung zu übersetzen. Diese Diskrepanz zwischen der Erwartung der Forscher und der Realität stellt weiterhin eine bedeutende Barriere für die breite Akzeptanz offener Datenpraktiken dar.

KI-Einsatz noch gering

Erstmals wurde in der Studie der Einsatz von KI-Tools wie ChatGPT für Datensammlung, -verarbeitung und Metadatenerstellung abgefragt. Die Ergebnisse zeigen, dass die meisten Forscher sich solcher Tools zwar bewusst sind, sie aber noch nicht aktiv einsetzen. Die häufigste Antwort auf alle drei Fragen war “Ich kenne diese Tools, habe aber noch nicht darüber nachgedacht, sie einzusetzen.” Dies deutet darauf hin, dass KI-Technologien zwar zunehmend Aufmerksamkeit erfahren, ihre praktische Anwendung im Forschungsdatenmanagement aber noch in den Kinderschuhen steckt. Angesichts der rasanten Entwicklung in diesem Bereich wird es interessant sein, die Entwicklung des KI-Einsatzes in zukünftigen Umfragen zu verfolgen.

Empfehlungen

Basierend auf den Erkenntnissen gibt der Report mehrere Empfehlungen für verschiedene Akteure im Wissenschaftssystem:

  • Die spezifische Situation in verschiedenen Forschungseinrichtungen und Disziplinen verstehen: Es wird empfohlen, dass Entscheidungsträger, Forscher und Institutionen sich aktiv darum bemühen, die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen in ihrem jeweiligen Kontext zu verstehen. Dies kann durch interne Umfragen, Workshops und den Austausch von Erfahrungen erreicht werden.
  • Mehr Anerkennung für das Teilen von Daten schaffen: Förderer und akademische Institutionen sollten klare Richtlinien etablieren, die das offene Teilen von Daten anerkennen und belohnen. Verlage werden ermutigt, Mechanismen zu implementieren, die die Sichtbarkeit offener Datensätze erhöhen.
  • Hilfe und Anleitung zum Datenmanagement verbessern: Es wird eine strukturiertere und besser zugängliche Unterstützung für Forscher beim Datenmanagement empfohlen. Dies umfasst die Entwicklung von fachübergreifenden Leitfäden und Schulungen sowie die Bereitstellung von Ressourcen für effektives Datenmanagement.
  • Inklusivere Ansprache aller Karrierestufen: Bei Initiativen und Diskussionen zum offenen Datenaustausch sollten bewusst Forscher aller Karrierestufen einbezogen werden, um von der Vielfalt der Perspektiven und Erfahrungen zu profitieren.

Der State of Open Data Report 2023 zeigt deutliche Fortschritte beim offenen Teilen von Forschungsdaten, macht aber auch klar, dass weiterhin erhebliche Herausforderungen bestehen. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit eines nuancierten und inklusiven Ansatzes, um das volle Potenzial offener Wissenschaft auszuschöpfen. Indem die verschiedenen Akteure im Wissenschaftssystem die Empfehlungen aufgreifen und umsetzen, kann ein Umfeld geschaffen werden, das offene Datenpraktiken fördert und die damit verbundenen Vorteile für die gesamte Forschungsgemeinschaft realisiert.

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